„Wir haben die Dinge zu sehr schleifen lassen“ – und tun es weiter

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Diese Analyse des Philosophen Peter Sloterdijk beschreibt – meines Erachtens äußerst zutreffend – den erlaubten Umgang unserer Kinder und Jugendlichen mit den allgegenwärtigen Smartphones. Der früher in Karlsruhe lehrende Kulturwissenschaftler spricht sich deshalb offen und klar für ein Handyverbot für Kinder und Jugendliche aus.

Der Deutschen Presse-Agentur in Köln sagte er: „In den Schulen sind Zustände herangereift, mit denen wir nicht glücklich sein können. Handys müssten unter das Drogenverbot fallen, dann erübrigt sich die Debatte. […] In dem Moment, in dem wir akzeptieren, dass Kinder auch ein Recht auf Erziehung haben, müssen wir Ernst machen mit ihrem Recht, vor der Kolonisierung durch anonyme Gewalten in Gestalt der neuen Medien geschützt zu werden. Alles andere ist so, als würden wir ständig einem Einbrecher die Tür öffnen. Man darf es den medialen Einbrechern, die in die Kinderstuben eindringen, nicht so einfach machen.“ Letztendlich gehe es um die Frage, ob man eine erzieherische oder nur eine ausbildende Schule wolle, sagte Sloterdijk.

Genau vor dieser Frage stehen die bundesdeutschen Pädagogen, wenn es um zentrale Regeln für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) an deutschen Schulen geht. Eine kürzlich veröffentlichte Umfrage des IT-Branchenverbandes Bitkom hatte ergeben, das zwar bereits rund zwei Drittel der Schülerinnen und Schüler KI für schulische Zwecke nutzen, der Umgang damit allerdings nicht einheitlich geregelt sei.

Aktuell gibt es nur an 23 Prozent der weiterführenden Schulen in Deutschland zentrale Regeln zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz. 35 Prozent der Schulen überlassen es einzelnen Lehrkräften, entsprechende Vorgaben festzulegen. An 27 Prozent der Schulen fehlen bislang jegliche Regelungen zum Umgang mit KI. Und dennoch nutzen laut der Umfrage 65 Prozent der Schüler KI in der und für die Schule. Von den via Telefon befragten Schülern gaben 46 Prozent an, dass ihre Lehrkräfte gar nicht merken würden, wenn sie KI einsetzen. Ein Drittel (29 Prozent) ist zudem überzeugt, selbst besser mit KI umgehen zu können als ihre Lehrer. Dabei wollen 80 Prozent der Befragten in der Schule lernen, wie man KI-Technologie nutzt. Nur 55 Prozent der Schülerinnen und Schüler bekommen den Umgang mit KI im Unterricht jedoch vermittelt.

Wieder einmal scheint es so, dass Kinder und Jugendliche mit den „Segnungen“ der Digitalisierung im Prinzip allein gelassen werden. Das in einem Land, das ganz offensichtlich das Suchtpotential digitaler Medien weitgehend ignoriert und Heranwachsende mit einer Technologie konfrontiert, deren Folgen extrem schwer abschätzbar sind. Die Zeit ist reif für ein Regelwerk, wie etwa einen Codex zur Nutzung von KI im Unterricht.

Hans-Peter Hörner

 

 

Links:

https://www.onetz.de/deutschland-welt/sloterdijk-will-handyverbot-fuer-kinder-jugendliche-id5130090.html

https://www.hasepost.de/kaum-zentrale-regeln-fuer-ki-nutzung-an-deutschen-schulen-609924/#google_vignette

https://unternehmen-heute.de/news.php?newsid=6664168