Scheitert die Nationale Bildungsplattform?

Das ehrgeizige Vorhaben der Nationalen Bildungsplattform, inzwischen unter dem Namen „Mein Bildungsraum“ bekannt, ist ins Stocken geraten. Verwaltet von der Agentur für Sprunginnovationen (SPRIND) in Leipzig, bleiben sichtbare Fortschritte aus, und das Projekt steht zunehmend unter Beschuss. Die ursprüngliche Idee, das Bildungssystem digital zu revolutionieren, droht sich in einem bürokratischen Fiasko aufzulösen.

Die Nationale Bildungsplattform wurde einst vom Bundesbildungsministerium unter einer CDU-Ministerin ins Leben gerufen, mit dem Ziel, eine zentrale digitale Infrastruktur für Lehrmaterialien, Kurse und die Verwaltung von Zeugnissen zu schaffen – über alle Bildungsstufen hinweg. Über drei Jahre später und nach Investitionen von rund 630 Millionen Euro bleibt von der großen Vision wenig übrig. Kritiker werfen dem Projekt symbolische Selbstinszenierung vor, die von Substanzlosigkeit und organisatorischem Chaos überlagert wird – ein wiederkehrendes Muster in der deutschen Bildungspolitik.

Eine zentrale Frage bleibt, warum ausgerechnet SPRIND mit der Umsetzung eines so komplexen Projekts betraut wurde. Die Agentur, gegründet in der Merkel-Ära, geriet zuletzt durch fragwürdige Innovationsprojekte in die Schlagzeilen. Laut einem Bericht von Tichys Einblick gehören dazu auch hochriskante Höhenwindradprojekte, die über Tochtergesellschaften von SPRIND realisiert werden sollen. Die Zusammensetzung des SPRIND-Aufsichtsrats spiegelt eine parteiübergreifende Verflechtung wider: Hier sitzen seit Februar 2022 unter anderem die Grünen-Politikerin Franziska Brantner, Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Klima, sowie Bundestagsabgeordnete wie Mario Brandenburg (FDP), Ronja Kemmer (CDU) und Holger Mann (SPD). Kritiker sehen hierin eine Form der Selbstbedienung durch die politische „Elite“.

Anstelle einer umfassenden Bildungsplattform konzentriert sich „Mein Bildungsraum“ derzeit vor allem auf die Digitalisierung von Zeugnissen. Das erklärte Ziel ist es, bis Ende 2025 digitale Abiturzeugnisse in der Hälfte der Bundesländer bereitzustellen. Christoph Richter, Bildungsinformatiker an der Universität Kiel, zeigt sich dennoch enttäuscht: „Das ist eine vertane Chance für ein digitales, gemeinwohlorientiertes Bildungssystem.“ Die ursprüngliche Idee einer Nationalen Bildungsplattform, die einen nachhaltigen Mehrwert für Bildungseinrichtungen und Lernende bieten könnte, scheint auf der Strecke geblieben zu sein.

Die ambitionierten Ziele der Nationalen Bildungsplattform werden voraussichtlich nicht erreicht. Mangelnde Koordination, unzureichende Innovation und ein stark fragmentierter Ansatz gefährden die Schaffung einer zukunftsweisenden Bildungsinfrastruktur. Kritiker fordern, das Projekt zu überdenken und Steuermittel nicht weiter in einem ineffizienten System zu verschwenden. Denn die Nationale Bildungsplattform begann als vielversprechendes Vorhaben, das die Digitalisierung im Bildungswesen entscheidend voranbringen sollte. Doch anstelle einer integrierten Lösung bleibt der Eindruck eines völlig missglückten und extrem teuren Experiments.