Linker Bildungsgerechtigkeitswahn in der Sackgasse

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Am 10. September 2021 meldete das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unter Christine Lambrecht, SPD, dass nach dem Bundestag auch der Bundesrat dem Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter ab 2026 zugestimmt habe.

Initialzündung für den Umbau von Deutschlands Schulen in Ganztagsschulen waren möglicherweise die internationalen Leistungsvergleiche TIMSS – Trends in International Mathematics and Science Study 1997 und PISA (Programme for International Student Assessment) 2000 der OECD. 2002 startete die rot-grüne Bundesregierung 2002 deshalb das „Investitionsprogramm Zukunft Bildung und Betreuung“ (IZBB). Ziel des Plans: die deutschlandweite Einführung von Ganztagsschulen. Vordergründig orientierte man sich an der Vorbildwirkung skandinavischer Schulsysteme, deren Schüler damals im PISA-Test Bestnoten erzielten. Man ignorierte bei dem Prozess allerdings geflissentlich, dass die hiesige Ganztagsschul-Forschung bis dahin keine Leistungsverbesserung bei den Schülern von Ganztagsschulen feststellen konnte. Wie so oft bei grün-roter Politik, musste die Realität hinter das ideologische Wollen zurück treten.

Offiziell hieß es, dass mit dem Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule ab 2026 eine Betreuungslücke geschlossen werde, die nach der Kita-Zeit für viele Familien entsteht, sobald die Kinder eingeschult werden. Und SPD-Lambrecht gab sich euphorisch: „Wir stärken die Kinder und entlasten die Eltern. Wir sorgen dafür, dass alle Kinder gut ins Schulleben starten können und gleiche Chancen haben – unabhängig von der Herkunft oder dem Geldbeutel der Eltern. Mit der verlässlichen Förderung und Betreuung ihrer Kinder am Nachmittag können Eltern Familie und Beruf besser vereinbaren. […] Unser Land wird familienfreundlicher. […] Jetzt muss es darum gehen, zügig ausreichend Plätze zu schaffen und Fachkräfte zu gewinnen und zu qualifizieren.“ Der Ganztag einer rot-grün durchgeplanten Zukunft sollte einen Betreuungsumfang von acht Stunden inklusive Unterrichtszeit an allen fünf Werktagen gewährleisten. Die Freiwilligkeit der Inanspruchnahme und die Vielfalt der Angebote vor Ort sollten garantiert sein, was allerdings spätestens dann obsolet wird, wenn es nur noch Ganztagsschulen gibt. Und das ist das erklärte Ziel.

Schon 2013 wollten Politiker von SPD und Grünen eine radikale Reform des Schulsystems durchsetzen. Das Modell „Schule für alle“ sollte das dreigliedrige und bewährte deutsche Schulsystem ablösen. Die „Schule für alle“ verhindere ein zu frühes Ein- oder Aussortieren der Kinder, wobei man sich auch auf die Erfahrungen aus der DDR-Zeit berief. Das hat offenbar auch Angela Merkel inspiriert, auch sie forderte einen Ausbau der Ganztagsschule. 2014 wurde in Baden-Württemberg das Ganztagsschulgesetz verabschiedet. Auf dessen Basis soll der Ganztagsbetrieb vor allem bei den 2.400 Grundschulen des Landes flächendecken durchgesetzt werden. Hinter der Behauptung Chancengleichheit für die Schüler und mittels Betreuung für überlastete, weil berufstätige Eltern Entlastung zu schaffen, steckt jedoch die sozialistische Gleichschaltungsidee. Anstatt Wahlfreiheit durch ein entsprechendes Angebot zu garantieren und individuelle Förderung durch das dreigliedrige Schulsystem zu ermöglichen, sollen sämtliche Leistungspotentiale der Schüler über einen Kamm geschoren werden. Das führt – wie Studien der Gegenwart zeigen – zu extremen Qualitätsverlusten, einer Inflation von Bestnoten und einer sich nach unten orientierenden Mittelmäßigkeit. Weder Eltern, Kindern noch dem Land und seiner Zukunft ist damit Gutes getan.

Nun trommelt allerdings die linke „Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft“ (GEW): „Bundesweit fehlen laut einer Studie des IW [Institut der deutschen Wirtschaft] mehr als 500.000 Ganztagsbetreuungsplätze an Grundschulen. Bis 2029/30 müssen voraussichtlich 700.000 Plätze neu geschaffen werden.“ Grund dafür sind wohl ganz offensichtlich die durch die Massenmigration steigenden Schülerzahlen und die von der GEW angemahnte Unfähigkeit der Politik, das Problem endlich anzupacken. Die IW-Studie ermittelte in 2022 einen Betreuungsbedarf bei 73 Prozent der Eltern eines Kindes im Grundschulalter. Das waren circa 2,2 Millionen Kinder, denen nur rund 1,7 Millionen Ganztagsplätze gegenüber standen. Dumm gelaufen. Und es kommt noch schlimmer: Der aktuelle Bedarf verlangt 700.000 zusätzliche Plätze – eine Steigerung von 42 Prozent. Wollte man bundesweit eine Betreuungsquote von 75 Prozent erreichen, bräuchte es sogar 847.000 neue Plätze. Der Linken liebstes Bildungskind, nämlich die leistungsferne, Kompetenz vermittelnde und demokratische, weil anti-rechte „Haltung“ befördernde Schule für alle und alles scheint nun jedoch auch am lieben Geld zu scheitern. Auf jeden Fall können sich die Gesinnungsgenossen des Kanzlers von der GEW noch so sehr in Alarmismus üben, laut Medienberichten will die Ampel-Koalition, die Unterstützung für die Ukraine von vier auf acht Milliarden Euro aufstocken. Die flächendeckende Ganztagsschulenbeglückung muss wohl vorerst warten.

Quellen:

Ganztagsbetreuung an Grundschulen: Bundesweit fehlen über 500.000 Plätze – Institut der deutschen Wirtschaft (IW) (iwkoeln.de)

Forschung: Die Kritik an DIW-Präsident Fratzscher wächst (handelsblatt.com)

Studie: Über 500.000 Ganztagsplätze fehlen an Grundschulen – die Politik ist auf den kommenden Rechtsanspruch nicht vorbereitet | News4teachers

2400 Grundschulen betroffen: Ganztagsschule wird in Baden-Württemberg zur Regel – Baden-Württemberg (stuttgarter-nachrichten.de)

Ganztagsschulenblog | Ganztagsschule: Offene Ganztagsschulen, Gebundene Ganztagsschulen, Pro und Contra, Projekte, Kooperationen, Nachmittagsangebote, Konzeptionen, neue Lernkulturen,… (wordpress.com)

Überlastete Kinder: Mogelpackung Ganztagsschule – Campus – FAZ

Finanzpolitische Offensive für die Kommunen gefordert (gew.de)