Im Sport wird reformiert auf Teufel komm raus, der Leistungsgedanke bleibt dabei auf der Strecke

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Als sportpolitischer AfD-Fraktionssprecher im Baden-Württembergischen Landtag hatte ich Bildungsministerin Theresa Schopper (Grüne) unlängst dazu aufgefordert, bei den Bundesjugendspielen schleunigst zum Leistungsgedanken zurückzukehren: „Die Folgen für unsere Kinder und deren Sportlichkeit sind noch gar nicht abzusehen. Denn es kann keinen Sport ohne Leistung und ohne vergleichbare Leistungsmessungen geben. Der nicht erst seit den überzogenen Corona-Maßnahmen abnehmenden Sportlichkeit bei Kindern erweist Schopper hier einen Bärendienst.“ Genauso glaubhaft wie die Ernährungstipps von der Grünen Ricarda Lang war denn auch die von Schopper geäußerte Gedanken zum Sport: „Eigentlich sollte man 60 Minuten Sport am Tag machen. Das erreichen inzwischen 80 Prozent der Kinder nicht mehr. Dabei ist das für Körper und Geist so wichtig.“ Dem kann man grundsätzlich zustimmen, nur dann auch noch den Leistungsgedanken durch eine sogenannte Reform der Bundesjugendspiele ad absurdum zu führen, passt nicht unbedingt zu einer Sportministerin und ehemaligen Faustballerin.

Aber Theresa Schopper ist mit der Auflösung bewährter Förderkonzepte bei sportlichen Leistungen nicht allein. Ausgerechnet der Deutsche Fußball-Bund (DFB) will mit Beginn der Saison 2024/2025 bundesweit neue Spielformen im Nachwuchsbereich umsetzen. Auf einem die Maßnahme begleitenden Flyer heißt es: „Die neuen Spielformen sollen allen Kindern auf dem Platz so häufig wie möglich die Chance geben, den Ball selbst am Fuß zu haben, eigene Aktionen zu haben, Tore zu erzielen und somit persönliche Erfolgserlebnisse zu bekommen. Deshalb soll auf kleinere Teams, viel Abwechslung und zum Teil vier Tore gesetzt werden. Dies soll nicht nur die individuelle sportliche Entwicklung der Kinder und Jugendlichen fördern, sondern soll auch den gesamten Fußball und seine Vereine an der Basis stärken. Die neuen Spielformen beziehen sich auf die Altersklassen G-, F- und E-Jugend.“ Die bisherigen Wettbewerbsangebote werden als feste Formate abgelöst werden: A- und B-Junioren Bundesligen wird es wie bisher nicht mehr geben, in der G- und F-Jugend sollen keine Meisterschaftsrunden mehr ausgespielt werden. Begründung des DFB, damit solle der Leistungsdruck minimiert werden „und die sportliche Entwicklung der Kinder stärker in den Vordergrund zu rücken.“

Ob das die bisherigen Wettkampfstrukturen nicht leisten konnten, bleibt dabei mehr als fraglich. Denn der Reformprozess wurde angeblich schon vor Jahren angestoßen, mit dem Ergebnis, dass die deutsche Nationalmannschaft bei den beiden letzten Weltmeisterschaften in der Vorrunde ausschied, die Frauen in Australien scheiterten und die U21 aktuell bei der EM vor dem Aus steht. So kommt denn auch Kritik aus berufenem Munde. Ex- Nationalspieler Thomas Helmer kritisiert in der BILD „die angestrebten Neuerungen des weltgrößten Sportverbands scharf, bezeichnet sie beim TV-Sender WELT sogar als „grotesk“. Helmer: „Mich wundert mittlerweile alles, was beim DFB so beschlossen und unternommen wird. Ich glaube, die haben viele eigene Probleme. Die sollte man in erster Linie lösen. Aber das finde ich jetzt schon grotesk.““ Auch Ralf Rangnick als früherer Bundesliga-Trainer meinte laut WDR, „das Ergebnis, das Gewinnen müsse immer im Vordergrund stehen“, Köln-Trainer Steffen Baumgart: „Wir sind eine Generation, die nur noch den weichen und seichten Weg geht,“ und der frühere Bayern-Spieler Didi Hamann – heute Experte beim Bezahlsender Sky Deutschland – erklärte: „Für mich: Ohne Ergebnis kein Erlebnis. Deswegen kann ich den Schritt, den der DFB gemacht hat, überhaupt nicht nachvollziehen.“

Nochmal Thomas Helmer als Europameister von 1996: Der Leistungsaspekt für die individuelle Entwicklung sei auch im Nachwuchsbereich wichtig, der mentale Bereich dürfe nicht unterschätzt werden: „Wenn man das bei den jungen Menschen nicht zulässt, da auch Fehler zu machen, eine Persönlichkeit zu entwickeln, glaube ich, geht das in die falsche Richtung.“