Der Schuss ging nach hinten los

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Das Kultusministerium in Stuttgart wollte neue Lehrkräfte gewinnen und ließ deshalb ein Werbeplakat gestalten. Auf den Plakaten fand sich unter anderem folgende Aussage: „HURRAAA! Gelandet und gar keinen Bock auf Arbeit morgen? Mach was dir Spaß macht und werde Lehrer*in.“ Zwei der Plakate hingen im Terminalgebäude des Stuttgarter Flughafens. Doch die Kampagne fand offenbar nicht überall Zustimmung. Diverse Lehrerverbände zeigten sich über eine konstatierte „Niveaulosigkeit“ und „Geringschätzung des Lehrerberufs“ empört, die Vorsitzende des Realschullehrerverbands Baden-Württemberg Karin Broszat wird in der Presse mit dem Ausspruch zitiert: „Man wusste vor dieser Kampagne nicht, wie viel Blödheit auf ein einziges Plakat passt.“ Die Verbandsvorsitzende sieht mit dem Plakat die Botschaft suggeriert, dass es Lehrkräften nur um die Ferien gehe. Damit nicht genug rücke „diese Unterstellung […] den Berufsstand in ein unglaubliches Licht. Die Verantwortlichen sollten sich in Grund und Boden schämen“.

Die Grüne Theresa Schopper, die als Kultusministerin in Baden-Württemberg für die umstrittene Werbekampagne verantwortlich ist, ließ jetzt den Slogan nach den weitreichenden Protesten ändern. Nun steht auf den Plakaten „Gelandet und gar keinen Bock auf deine jetzige Arbeit? Hurraaa! Mach, was dir Spaß macht und werde Lehrer*in.“ Anstatt generell den Lehrern also mittelbar Faulheit und totale Freizeit- und Ferienorientierung zu unterstellen, will man – wie ursprünglich angeblich beabsichtigt – besonders Quereinsteiger ermutigen, umzusatteln und den Lehrerberuf zu ergreifen.

Karin Broszat zeigt sich dennoch ungehalten und „hätte sich vielleicht noch das schlichte wie auch wichtige Wörtchen ‚Entschuldigung‘ gegenüber der gesamten Lehrerschaft in Baden-Württemberg gewünscht“, begrüßt aber neben dem Verband Bildung und Erziehung (VBE) und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Baden-Württemberg grundsätzlich das neue Plakat. Der Philologenverband Baden-Württemberg schließt sich der Zustimmung an; allerdings wüsste der Vorsitzende des Verbandes, Ralf Scholl, gerne, „warum das Plakat überhaupt so aufgehängt werden konnte und warum es mehr als eine Woche dauerte, bis die Landesregierung reagiert habe.“ Das sind in der Tat gute Fragen, zumal der Kommunikationswissenschaftler und Professor der Universität Hohenheim in Stuttgart, Frank Brettschneider, die Kampagne fachkundig kritisiert hatte: „Ich halte die Kampagne für gründlich missglückt.“ Aufmerksamkeit zu wecken sei zwar richtig, doch „wenn ich die Aufmerksamkeit gewonnen habe, muss aber eine Botschaft folgen. Und diese Botschaft ist gar nicht gut.“

Ja, genau, denn der Einsatz vieler Tausend Lehrkräfte im Land wird durch solche Sprüche abgewertet. Für alle Lehrkräfte, die sich in den drei Jahren des Corona-Irrsinns extrem engagiert hatten, völlig neue Unterrichtskonzepte entwickeln und evaluierbar erfolgreich machen mussten und denen nun die Last der Beschulung von Tausenden von Flüchtlingskindern durch eine völlig verfehlte Migrations- und Asylpolitik aufgebürdet wird, ist der flapsige Umgang der Grünen mit dem Ethos des Lehrerberufs möglicherweise unerträglich.